In kürzester Zeit wurden zwei Branchenriesen aufgrund von Undercover-Aktionen des Fernsehsenders RTL, der gleichzeitig einen neuen Hang zu investigativem Journalismus zeigt, von einem Internet-Shitstorm getroffen. Wer genau hinsieht, wird feststellen, dass die jeweilige PR-Maschinerie zur Krisenbewältigung bei beiden Unternehmen sehr unterschiedlich ausgefallen ist. Während sich Burger King zurückhaltend äußerte, reagierte Zalando vorerst aggressiv auf die Veröffentlichung.
Hygieneprobleme bei Burger King
Aktuell in den Medien: Hygiene bei Burger King. Die Enthüllungsjournalist Günter Wallraff hatte in der Premierenfolge der neuen Staffel seiner Serie „Team Wallraff“ einen Reporter in vier Filialen der Fast-Food-Kette eingeschleust. Vor Ort beobachtete der Journalist mit versteckter Kamera, wie Mitarbeiter abgelaufene Lebensmittel durch Umetikettierung verlängerten und anschließend weiterverarbeiteten. Das Küchenpersonal musste außerdem die Toilettenreinigung in Küchenkleidung vornehmen. So konnte der RTL-Redakteur sogar Darmbakterien in Kühlschranktüren nachweisen.
Die mediale Resonanz auf den Bericht ist weiterhin groß und Kunden machen auf der offiziellen Facebook-Seite der Burger-Kette ihrem Ärger über die Missstände Luft. Hierbei lassen die Kritiker verständlicherweise außer Acht, dass es sich bei Burger King um ein Franchiseunternehmen handelt.
Burger King zielt in seiner ersten Erklärung, die auch auf Facebook veröffentlicht wurde, genau auf dieses Faktum ab: „Bei der Burger King GmbH handelt es sich um eine selbständige sowie von Burger King rechtlich und wirtschaftlich unabhängige Franchisenehmerin“, heißt es in der Pressemitteilung. In der sonst sehr zurückhaltend formulierten Erklärung versucht das Unternehmen klarzustellen, dass es sich bei dem gezeigten Fall um Verletzungen der Unternehmenswerte handele und auch den Verpflichtungen widerspreche, denen Burger King sich in Bezug auf Lebensmittelsicherheit und Produktqualität verschrieben habe. Man arbeite an einem Aktionsplan, der durch ein intensives Training aller Mitarbeiter sowie des Managements, solche Missstände zukünftig unterbinden soll. Weitere Konsequenzen kündigte Burger King nicht an. So scheint die PR-Abteilung des Fast-Food-Giganten das Thema aussitzen zu wollen, was bereits dem Versandhändler Amazon vor einigen Jahren gut gelungen ist.
Kein Arbeitsrecht bei Zalando
Wie bereits von PUNKT PR diskutiert, erhob das RTL-Magazin „Extra“ schwere Vorwürfe gegen den Online-Versandhandel Zalando. Recherchiert durch einen Undercover-Bericht, würden die Mitarbeiter des Hauses bespitzelt und gegängelt. Es seien diverse Verstöße gegen das Arbeitsrecht zu beobachten. So würde ein hoher Leistungsdruck auf Mitarbeiter ausgeübt, die teilweise bis zu 27 Kilometer am Tag zu Fuß zurücklegen müssten, was zu Stress, Überarbeitung und Krankheitsfällen führe. Sogar von einem Todesfall war in dem Bericht die Rede. Wie auch in vergleichbaren Fällen, löste der Bericht einen Shitstorm („Sklavando“) im Internet aus. Auch die Gewerkschaft Verdi hat sich dem Thema angenommen. Anders als Burger King, fährt Zalando bei seinem Krisenmanagement eine zweigleisige Taktik.
In einer ersten Reaktion wies Zalando die Vorwürfe rigoros von sich: Sprecher Boris Radke hielt die angesprochenen 27 Kilometer Arbeitsweg für deutlich zu viel. Die Kontrolle der Wirtschaftlichkeit der Mitarbeiter sei in Unternehmen absolut üblich. Es gäbe auch keinerlei Anzeichen, dass Mitarbeiter dazu angewiesen würden, eigene Kollegen auszuspähen. Zeitgleich erstattete das Unternehmen Anzeige gegen die RTL-Reporterin Caro Lobig wegen des Verrates von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen. „Wir müssen verhindern, dass unsere Prozesse und Systeme, die wir zum Teil auch selbst entwickelt haben, irgendwo auf Film verfügbar sind“, so Radke.
Gegenüber dem Kunden versucht der Versandhändler zu beschwichtigen und gab an, sofort Maßnahmen zu ergreifen, um die Missstände zu untersuchen und gegebenenfalls zu beseitigen. Nach Angaben von RTL hat sich inzwischen auch einiges getan: Das Unternehmen hat bereits angekündigt, zusätzliche Sitzmöglichkeiten für die Mitarbeiter in der Lagerhalle zu schaffen und die Belohnung von 500 Euro für „Tipps“ bei Warendiebstahl aufzuheben. Führungskräfte würden umgehend geschult werden, um den Umgangston im Betrieb zu verbessern.
Zurückhalten und Abwarten
Nach dem kurzen aggressiven Vorgehen von Zalando gegen die Berichterstattung, scheinen beide Betriebe inzwischen auf die Beruhigung des Kunden und Internetusers zu setzen. So waren auch die sehr ähnlichen Vorwürfe gegen den Versandhändler Amazon schnell wieder aus den Medien verschwunden. Gleiches wird auch für Zalando gelten. Die Flut von Kommentaren auf der Facebook-Seite hat bereits abgenommen, das Unternehmen wird die Krise ohne großen Schaden überstehen. Voraussichtlich sind nicht mal kurzfristige Umsatzeinbußen zu erwarten – unabhängig davon, ob sich die Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten ändern oder nicht.
Anders könnte sich die Situation bei Burger King entwickeln. Mangelhafte Hygiene und damit eine mögliche Gesundheitsgefährdung des Verbrauchers wiegen für deutsche Kunden erfahrungsgemäß schwerer als die Arbeitsrechte von Mitarbeitern. So könnte dem Unternehmen noch jahrelang ein Makel in der Öffentlichkeit anheften – und die Konkurrenz auf dem deutschen Markt ist groß. Auch heute noch erinnern sich viele Kunden an ähnliche Enthüllungen im Zusammenhang mit dem größten Konkurrenten McDonald`s.
„Weiterhin sind Zurückhaltung und Abwarten die einzige wirksame Methode gegen einen klassischen Internet-Shitstorm und dies scheinen beide Unternehmen verstanden zu haben,“ so PR-Berater Benjamin Kolthoff. Vergleicht man die derzeitige mediale Kritik mit den angesprochenen Fällen aus der Vergangenheit erscheint es ohnehin sehr fraglich, ob die öffentliche Geißelung langfristig Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit großer Betriebe hat.