Die Ausgaben von Unternehmen für Social Media Kanäle wie Facebook, Twitter und Google Plus steigen stetig. Doch ein wichtiges Medium bleibt hierbei oftmals auf der Strecke: Wikipedia. Dabei sollte die Website insbesondere für große Unternehmen in der Öffentlichkeitsarbeit hohe Priorität genießen. Immerhin gehört das Portal zu den meistbesuchten Websites der Welt und wird der entsprechende Artikel bei Google grundsätzlich weit oben angezeigt.
In den vergangenen Jahren hat sich gezeigt, dass Autoren und Journalisten teilweise ohne weitere Recherche aus Wikipedia-Artikeln zitieren. Falsche und richtige Informationen können so eine beachtliche Reichweite erzielen.
Aufgrund des unkommerziellen Charakters der Enzyklopädie ist das Verhältnis zwischen der Community und den Interessen von Unternehmen seit der Gründung von Wikipedia angespannt. 2013 wurde daher ein besonderes Projekt gegründet, das sich ausschließlich dem Umgang des Portals mit „bezahltem Schreiben“ widmet und auf der Basis von Abstimmungen zu dem Ergebnis kam, die Regeln im Umgang mit Unternehmen vorerst nicht zu verschärfen. Weiterhin soll der Inhalt und die Qualität der Artikel entscheidend sein und nicht die Herkunft. Doch entgegen dieser Meinung reagierten die Betreiber von Wikipedia vor einem Monat selbst und veränderten die Nutzungsbedingungen. Inzwischen muss jeder Autor, der für sein Schreiben ein Gehalt bezieht, dies innerhalb seines Profils deutlich machen.
Das Portal ermöglicht es jedem Autor, seine eigene Identität zu verschleiern. Im Falle von kommerziellen Artikeln ist die Community allerdings besonders kritisch und erwartet Transparenz zu deren Herkunft. Dies zeigt sich insbesondere in Vorfällen der jüngsten Vergangenheit: 2011 gestand die PR-Agentur Bell Pottinger, Wikipedia-Artikel regelmäßig anonym im Sinne von Kunden abgeändert zu haben, 2012 wurde – ebenfalls anonym – ein kritischer Beitrag über Lobbyismus der Daimler AG entfernt, was beides zu Aufruhr in der Community führte.
Um wenig Angriffsfläche zu bieten, ist es möglich, sein Profil mit einer formlosen E-Mail an die Betreiber verifizieren zu lassen. Um eine größere Akzeptanz bei anderen Usern zu erreichen, ist es außerdem ratsam, auf ein Unternehmenslogo als Profilbild zu verzichten und an den internen Abstimmungen nicht teilzunehmen. Hat man das Vorhaben, den bestehenden Artikel zu verändern, macht es immer einen guten Eindruck, vorher auf der Diskussionsseite sein Vorhaben darzustellen und sich hierfür Unterstützung zu sichern. Im Idealfall gelingt es, einen anderen User als Unterstützer und Autor für den Artikel zu gewinnen. Werden Änderungen von ehrenamtlichen Schreibern vorgenommen, erhöht dies die Glaubwürdigkeit. Hierfür sind allerdings in der Regel Geduld und eine gute Recherche nötig. Fakten sollten, wie in einer Enzyklopädie üblich, durch die entsprechenden Quellenangaben belegt werden. Hierzu reicht nicht ein Link zur Website des Unternehmens oder eine Presseinformation der PR-Agentur.
Das größte Hindernis für die Mehrheit der Unternehmen ist das sogenannte Relevanzkriterium. Es gilt die Faustregel: Eine Firma wird erst dann als relevant eingestuft und somit auf Wikipedia akzeptiert, wenn sie entweder über 1.000 Mitarbeiter, einen Umsatz von mindestens 100 Millionen US-Dollar oder mindestens 20 Betriebsstätten vorweisen kann. Ausnahmen gibt es für Aktiengesellschaften, Weinfirmen, Architekturbüro und vergleichbaren Betrieben, die aufgrund der Branche nicht die genannten Kriterien erfüllen können.
Ist der Artikel erst mal erstellt, ist eine genau Beobachtung des weiteren Verlaufs nötig. Denn theoretisch ist es jedem Wikipedia-Nutzer möglich, Artikel zu bearbeiten. Über die bisherige Bearbeitung liefert die Versionsgeschichte des Portals Aufschluss. Der Wikipedia Corporate Index bewertet regelmäßig die Wikipedia-Artikel von Unternehmen und gibt detailliertere Statistiken.
Zwar ist das Erstellen und die Pflege eines Artikels zeit- und personalaufwendig, allerdings ist es von unbedingtem Vorteil, alle Social Media Kanäle zu nutzen, um die Reichweite der eigenen Marke zu erhöhen.